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Bolle: eine Berliner Institution

C. Bolle gründet eine Molkerei 

Abb Die Meierei Bolle gehörte zu Berlin wie der Eckensteher Nante, die Schusterjungen oder sogar Heinrich Zille.

In Berlin der Jahrhundertwende von 1900 wuchs Berlin sehr schnell, und die Versorgung mit Nahrungsmitteln wie frischer Milch konnte allein durch den einzelnen Vertrieb der Bauern des Umlandes nicht mehr geleistet werden. Die Wege wurden zu weit und die Mengen so groß, dass viel Milch schon auf dem Weg in die Stadt schlecht wurde.

Frühstücksmilch 

Abb Bereits im Mai 1880 entstand durch die Molkerei Bolle ein Milchgarten und ein Geschäft in der „Westvorstadt” am Lützow Ufer. Da der Milchgarten nur im Sommer die Kunden anlockte, versprach der Inhaber Carl Bolle allen Berlinern, die Milch an den Frühstückstisch zu bringen.

1881 starte er mit drei weißen Pferdewagen. Da in kürzester Zeit alle 1.500 Liter Milch verkauft waren, entschloss er sich, größer in das Geschäft einzusteigen. Nicht nur dass er den Berlinern versprach, ihnen die Milch an den Tisch zu bringen, so garantierte er ihnen auch, dass die Milch immer frisch und sauber ist.

Das war in damaliger Zeit nicht immer der Fall, und viele Kleinkinder mussten wegen verdorbener Milch ärztlich behandelt werden, soweit sich das die Eltern erlauben konnten.
Eine Krankenversicherung wie sie heute verbreitet ist, gab es damals noch nicht.

 

Bolle „bim - bim” 

Abb Die Molkerei Bolle war die erste, die daher ein eigenes Labor betrieb und Forschung und Kontrolle anstellte.
Besondere Kindermilch in verplombten Flaschen wurde bereits 1884 angeboten.

Die Bollewagen waren in allen Straßen zu treffen. Die Jungen, die auf ihnen hinten mit der Handglocke mitfuhren, waren auch nicht auf den Mund gefallen und kommentierten die Fragen der Kunden auf ihre Art. Bald kam dann das Wort auf:
„Der amüsiert sich wie Bolle auf dem Milchwagen.”

Ein Schlager der damaligen Zeit hieß: Bolle reiste jüngst zu Pfinsten ...

„Milchmädchen-Rechnung” 

Abb Auch der Begriff Milchmädchen-Rechnung wurde durch Bolle geprägt.

Ein Milchmädchen Namens Anna Schnasing half beim Austragen und Kassieren. Leider war sie sehr schlecht im Kopfrechnen, und jeden Abend fehlte bei ihr einiges in der Kasse.
Enttäuscht ging sie für einen kurzen Urlaub nach Hause in den Spreewald. Als sie wieder ihre Arbeit aufnahm, war sie mit ihren Fingern so schnell beim Rechnen, dass sie keiner mehr reinlegen konnte. Ihre Rechnungen waren auf einmal alle richtig, aber keiner konnte es nachvollziehen, wie sie es machte.

Erst ein Privatdozent, der zu ihren Stammkunden gehörte, kam langsam dahinter und schrieb als Mathematiker später darüber ein Bericht mit der Überschrift „Algebraische Fingerfertigkeiten”.

Anna wechselte später sogar in die Buchhaltung und war bei ihren Chefs hoch anerkannt.
„Aber dennoch hat sich Bolle ganz köstlich amüsiert”, heißt es in einem Schlager der damaligen Zeit.

Leider sind solche Institutionen (Originale) in Berlin am Aussterben. Bolle konnte zwar 1961 noch sein 80 jähriges Jubiläum feiern, aber das hundertjährige ist schon nicht mehr erreicht worden. Andere, die Stadt prägende Firmen, wie „Kaisers Kaffeegeschäft” oder „Otto Reichelt” existieren heute nur noch dem Namen nach.

 

Quelle: Bolle Festschrift 1961

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