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Der Innenhafen - Einstiger Brotkorb des Ruhrgebiets

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Neben der Anwerbung von Holzunternehmen für den Innenhafen, werden, nachdem sich die ursprünglichen Pläne zur Umleitung der Ruhrkohlen nicht umsetzen lassen, Überlegungen angestellt, den Verkehr im Innenhafen weiterhin zu steigern.

Die Direktion des „Rhein-Ruhr-Canal-Aktien-Vereins" ist sich darüber bewusst, dass nur deutliche Anreize Einfluss auf die Standortwahl von Firmen zugunsten des Innenhafens nehmen können.

Vor diesem Hintergrund erlässt sie am 25. April 1884 eine Befugnis, nach der am Hafen gelegene Grundstücke unter bestimmten Bedingungen verkauft werden dürfen.

Diese Verkaufsermächtigung weckt das Interesse zahlreicher Getreideunternehmer und Getreidespediteure. Denn sie können nur durch die Beleihung von eigenem Grund und Boden die enormen Geldmengen aufbringen, die eine notwendig gewordene Modernisierung der Mühlenbetriebe durch den Einsatz der Dampfmaschine und die Errichtung von Speichergebäuden mit hohen Lagermengen mit sich bringen.

Bereits 1860 erwirbt Wilhelm Vedder eine Liegenschaft zum Betrieb einer Mühle. Sein 1900 errichteter Erweiterungsbau ist heute unter dem Namen Küppersmühle bekannt. 1870 erstehen die Gebrüder Heuser ein Grundstück am Marientor, Carl Lehnkering, seit 1886 am Zollhafen ansässig.

Er errichtet noch im gleichen Jahr ein Getreidelager am Schwanentor. 1885 erwirbt die Märkische Mühlen AG bzw. Rosiny Mühlen AG die Grundstücke, auf denen heute das Stadtarchiv und das Kultur- und Stadthistorische Museum stehen.

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1888 kauft M. Flechtheim eine Grundstücksfläche östlich neben dem Schwanentor und gründet dort 1894 die Rheinisch-Westfälische-Speditions-Gesellschaft, die bis heute am Innenhafen tätig ist.

Ein wichtiger Gedanke, der hinter der Verankerung der Getreideindustrie am Innenhafen steht, ist die bessere Versorgung der Region mit diesem Grundnahrungsmittel.

Schlechte Ernten und Transportschwierigkeiten führen im 19. Jahrhundert immer wieder zu Versorgungsengpässen. Hauptsächlich das industrialisierte Ruhrgebiet mit seiner stetigen Bevölkerungszunahme ist davon betroffen.

Als auch die Umstellung im Getreideanbau von kleinkörnigem deutschen Weizen auf den größeren englischen Weizen keine Abhilfe schafft, entschließt sich Josef Rosiny, Gründer der Märkischen Mühlen AG, bereits 1879, seine Getreideeinkäufe im südlichen Russland zu tätigen.

Duisburg, über die Wasserstrasse verbunden mit den wichtigsten Getreide-Exportländern, bietet beste Voraussetzungen und Standortvorteile.

So arbeitet um die Jahrhundertwende am Duisburger Innenhafen die größte Mühlenindustrie Westdeutschlands. Zuerst kommt ausländisches Getreide aus Südrussland, den Balkanländern, dann aus den Donauländern, später aus Nordamerika, Argentinien, Indien und Australien.

 

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An der Börsenstraße behauptet sich die anerkannte Getreidebörse, an der, nach dem Vorbild der in Deutschland einzigartigen Schifferbörse, sowohl Getreidepreise festgelegt, als auch Ladungen und Transporte organisiert und Verkäufe getätigt werden.

Einen ersten wirtschaftlichen Einschnitt erlebt der Duisburger Getreidemarkt jedoch während und nach dem ersten Weltkrieg. Der mit der Lebensmittelknappheit verbundene staatlich kontrollierte Mehl- und Getreidehandel steht im Widerspruch zu den Werten der freien Marktwirtschaft.

Nunmehr werden sowohl die Preise als auch der Absatz festgelegt. In dieser Zeit können die Mühlenbetriebe nicht mehr wirtschaftlich arbeiten. Dringende Geldanlagen können nicht mehr getätigt werden, obgleich die Versorgung der Bevölkerung unter allen Umständen aufrecht erhalten werden muss.

Auch reißen Feuersbrünste - hervorgerufen u.a. durch Staubexplosionen - immer wieder große Lücken in die Silo-Skyline des Innenhafens und bedrohen durch ihre unmittelbare Nähe zur City ständig die Innenstadt.

So fällt 1913 der alte 6stöckige Lehnkering Speicher dem Feuer zum Opfer, 1933 geht der Speicher der Rheinisch-Westfälischen Speditionsgesellschaft, vormals Flechtheim, in Flammen auf.

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Großen Einfluss auf die Stadt hat 1929 der Brand des Mühlengebäudes der Firma Koch & Co am Schwanentor, das unmittelbar an die Altstadt grenzt. Nach dem Großbrand, der bis zum Rathaus vorzudringen droht, verweigert die Stadt aus Sicherheitsgründen den Wiederaufbau und denkt über Pläne nach, hier eine Uferpromenade in Form einer Hafenallee entstehen zu lassen.

Erst in der Mitte der 30er Jahre wird auch ein Aufschwung der Getreideindustrie deutlich spürbar. Dies schlägt sich in einem regelrechten Bauboom am Innenhafen nieder.

1933 errichtet die Firma Koch & Co einen 7 geschossigen Schüttbodenspeicher, 1938 einen kleineren giebelständigen Silo.

1935 erregen die Werner & Nicola Mühlenwerke mit ihrem röhrenförmigen, aus Stahlblechen zusammengenieteten Silo, einer weltweiten Neuheit, Aufsehen und 1936 macht der 7 geschossige Stahlbetonspeicher der Rheinisch-Westfälischen Speditions Gesellschaft Schlagzeilen.

1937 entsteht der 10 geschossige Silo der Allgemeinen Speditionsgesellschaft, und neben der heutigen Küppersmühle errichten die Rheinischen Mühlenwerke Werhahn 1938 ein 11 geschossiges Silogebäude.

1939 wird ebenfalls die Märkische Mühlen AG um einen Silo erweitert. Der 2. Weltkrieg überschattet indes diese Entwicklung und setzt hier ein plötzliches Ende. Die Verwüstungen am Innenhafen zeugen von einem totalen Zusammenbruch.

Der Duisburg-Ruhrorter Hafen ist Ziel zahlreicher Luftangriffe, infolge derer nicht nur die Speicher- und Mühlengebäude erheblichen Schaden nehmen, sondern auch die aus dem Jahr 1904 stammende Klappbrücke am Schwanentor völlig zerstört wird.

Allein das am Holzhafen ansässige Taucher- und Sprengunternehmen Dahmen befördert in den Nachkriegsjahren über 100 Schiffwracks vom Grund des Hafens an die Oberfläche.

Riesige Geldmengen werden für den Wiederaufbau benötigt. Die Militärregierung setzt sich nach dem Krieg verstärkt dafür ein, dass die Getreidespeicher und Mühlengebäude unverzüglich wieder aufgebaut und in Betrieb genommen werden.

An die Mühlenbesitzer ergeht offiziell die Weisung, für die größtmögliche Lagerung in kürzester Zeit Sorge zu tragen, gilt es doch wiederum, von Duisburg aus, das Hinterland mit den nötigen Grundnahrungsmitteln zu versorgen.

Im Zuge dieses Wiederaufbaus errichtet die Allgemeine SpeditionsgeselIschaft 1950 einen giebelständigen kleinen und 1954 einen 4 ½ geschossigen Speicher.

1956 errichtet Werner & Nicola den 1994 gesprengten Stahlbetonsilo Mr. Softy und 1959 entsteht ein 5-stöckiger Mühlen- und Speicherkomplex der Duisburger Mühlen AG am Schwanentor (vormals Rosiny Mühlen AG, heute Stadtarchiv und Kultur- und Stadthistorisches Museum).

Bis in die 50er Jahre nahm die Mühlen- und Getreideindustrie am Innenhafen zu. Jedoch im Zuge fortschrittlicher Fertigungstechniken und besserer Transportmöglichkeiten über die Straße verliert der Wasserstandort Innenhafen zunehmend an Bedeutung.

Die hier vorhandenen Lagermöglichkeiten in den Speichergebäuden und Silos sind nicht mehr notwendig und können nicht mehr ausgenutzt werden. Die Mühlenbranche sieht sich gezwungen, entsprechend entgegen zu wirken.

Die Lagerung von Stückgütern nimmt zu. Rationalisierungen im Fertigungsprozess und Modernisierungen der Anlagen führen darüber hinaus zu Firmenzusammenschlüssen, um so überhaupt noch auf dem Markt bestehen zu können.

Auch die seit 1885 bestehende Märkische Mühlen AG, - später in Rosiny Mühlen AG - ist 1943 gezwungen sich mit den ihr eng verbundenen Wittener Walzen und Mühlen AG im Außenhafen und den Krefelder Mühlenwerken zur Duisburger Mühlen AG zusammenzuschließen, um im harten Existenzkampf zu überleben.

Die Allgemeine Speditionsgesellschaft schließt sich 1951 mit der Rhenania GmbH und 1972 mit der Rheinunion zusammen. Auch die Werner & Nicola Germania Mühlenwerke schließen sich 1969 mit den Küppers Mühlenwerken, Homberg zusammen.

Die geringe Nachfrage auf dem Getreidemarkt erfordert jedoch einen weiteren Abbau. Zahlungen diverser Prämien durch die Bundesregierung, die sogenannten Stilllegungsprogramme, tragen darüber hinaus zu Firmenschließungen bei.

So stellt die traditionelle Firma Koch & Co 1967 ihren Betrieb endgültig ein, die Rheinischen Mühlenwerke legen ihren Mühlenbetrieb 1969 still, wodurch jedoch die Lagerung von Getreide nicht berührt wird.

Anfang der 1970er Jahre schließen die Küppers & Werner Mühlenwerke. Dank einer Bürgerinitiative, die 1972 aufgrund damals bestehender Abrisspläne aktiv wird, kann eines der ältesten Speichergebäude, die Küppersmühle, erhalten werden.

Heute ist es unumstritten, dass die Duisburger Speicherlandschaft einzigartig für das Rheinland ist, lässt sich doch anhand der bestehenden Speichertypen die historische Entwicklung der Getreidebranche ablesen.

 

Quelle:
Mit freundlicher Genehmigung und Unterstützung von:
http://www.innenhafen-portal.de

Fotos: Luftaufnahmen des Duisburger Innenhafens (heute)

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