Der Bundeskanzler ist so etwas wie der Spielführer im Kabinett, in der Kabinettsmannschaft, und er hat, sollte man sich in der Runde einmal nicht einig werden, das letzte, das entscheidende Wort - in der manchmal eigentümlich sperrigen Politikersprache nennt man das "Richtlinienkompetenz".
Von diesem "letzten Wort" sollte er allerdings möglichst wenig Gebrauch machen müssen. Denn es ist klar, dass die Regierung schon an einem Strang ziehen sollte, dass die Minister nicht gegeneinander regieren können.
Zwar ist ebenso klar, dass beispielsweise der Verteidigungsminister oder der Arbeitsminister manchmal ganz andere Interessen und Wünsche haben als der Finanzminister, etwa wenn sie zusätzliches Geld für Arbeitsbeschaffungsprogramme oder für neue Transportflugzeuge haben wollen, während der Finanzminister Sparen für das Wichtigste hält. Aber bevor die Kabinettsmitglieder wieder auseinander gehen, müssen sie sich auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt haben.
Nun kann es passieren, dass ein Minister immer wieder schwere Bedenken gegen die im Kabinett getroffenen Beschlüsse hat, so dass er am Ende vielleicht sogar den von der Regierung eingeschlagenen Weg insgesamt für falsch hält.
In so einem Fall, der sehr selten vorkommt, sollte er das Kabinett besser verlassen und sein Ministeramt aufgeben. Nicht deshalb, weil das Kabinett harmoniesüchtig wäre - da wird schon kräftig gestritten - oder weil es keine Spielverderber duldete, sondern weil die Regierung sonst nicht regierungsfähig bliebe.
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