"Wir haben aufgehört zu weinen, wir schauen jetzt nach vorne", sagt ein zwölfjähriger Junge, dem das Beben beide Eltern genommen hat - was so gefasst und erwachsen wirkt, ist ein Alarmsignal und zeugt von einer tiefen seelischen Wunde.
SOS-Mitarbeiter betreuen die traumatisierten Kinder medizinisch und psychologisch.
Derzeit befinden sich 40 verlassene Kinder sowie vier verwitwete Mütter mit Kindern im SOS-Notaufnahmezentrum in Rawalpindi.
Insgesamt 100 Kinder und Mütter können dort unterkommen. Die sieben bestehenden SOS-Kinderdörfer in Pakistan können zusätzlich jeweils 50 weitere Kinder aufnehmen.
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Die meisten Mädchen und Jungen, die derzeit im SOS-Notaufnahmezentrum sind, haben beide Eltern durch das Beben verloren. Therapeutische Programme, basierend auf Spielen, Malen und Zeichnen, sollen ihnen helfen das Erlebte aufzuarbeiten.
Wie es den einzelnen Kindern bei all dem ergeht, sei kaum zu ermessen und äußere sich völlig unterschiedlich, betont Dr. Werner Hilweg, Psychologe der pädagogischen Hermann-Gmeiner-Akademie der SOS-Kinderdörfer und Herausgeber des Buches "Kindheit und Trauma".
"Der eine zieht sich zurück, ängstlich und sprachlos, die andere wirkt vielleicht nach außen stabil – und kommt dennoch mit ihren Gefühlen nicht klar."
Deshalb ist es ein wichtiger Bestandteil der SOS-Nothilfe in Pakistan, den Jungen und Mädchen bei der Bewältigung ihrer Erlebnisse zu helfen – eines der Kernthemen der Organisation.
Jedes Kind in einem SOS-Kinderdorf hat einmal das Trauma erlebt, seine Eltern zu verlieren. Die Pädagogen und Psychologen der SOS-Kinderdörfer haben sie in fünf Jahrzehnten dabei begleitet und eine hohe Kompetenz aufgebaut.
Wichtig sei jetzt vor allem, den Kindern das Gefühl zu geben, nicht allein zu sein, sagt Werner Hilweg.
"Alles, was an ihr ehemaliges Zuhause anknüpft, kann helfen: eine vertraute Person, ein Spielzeug, ein bekanntes Lied."
Entscheidend sei es, die Selbstheilungskräfte eines Kindes zu mobilisieren, ihm Mittel an die Hand zu geben sich auszudrücken.
Das kann ein Gespräch sein, ein Bild, ein Brief, die Unterhaltung mit einer Handpuppe. "Wenn die Jungen und Mädchen die Gelegenheit bekommen, ihre schrecklichen Erlebnisse zu verarbeiten, ist die Chance groß, dass sie später ihre Potenziale ausschöpfen und nicht von Angstzuständen oder Depressionen bestimmt werden", erklärt der Psychologe.
Die Kultur eines Kindes spiele dabei keine Rolle. "Es geht hier um Trost, Verständnis und Hilfe - die Grundbedürfnisse jedes Kindes."
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