Fast spiegelglatt glitzert das Wasser, eine leichte Brise weht, die Sonne scheint schon seit Tagen vom wolkenlosen Himmel herab und aus der Ferne hört man einige Möwen kreischen:
Was sich nach einer traumhaften Umgebung für den Sommerurlaub anhört, entspricht in Wahrheit dem Kieler Tirpitzhafen.
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Für die derzeit rund 120 Offizieranwärter der Crew VII/05, die dort auf der GORCH FOCK eingeschifft sind, bleibt keine Zeit, um die Seele baumeln zu lassen.
Seit anderthalb Wochen packen sie kräftig mit an, wenn es gilt, Segel zu setzten, zu bergen oder Manöver zu fahren.
Während der so genannten Segelvorausbildung lernen die jungen Rekruten das Einmaleins der Seemannschaft, bevor sie am heutigen Donnerstag in See stechen: Was ist eine Wende? Wie müssen Taue aufgehängt sein, damit sie bei Seegang und Unwetter nicht loskommen und die Besatzung gefährden? Was tun, wenn an Oberdeck der Ruf "Mann über Bord" ertönt?
Noch spielen die Lehrgangsteilnehmer alles im sicheren Hafenbecken durch, doch in den kommenden vier Wochen auf See müssen dann alle Handgriffe sitzen.
Die 143. Auslandsausbildungsreise (AAR) führt in diesem Jahr über Kattegatt und Skagerrak in die Nordsee, weiter durch Ärmelkanal und Biscaya zum ersten Hafenaufenthalt in Lissabon bzw. anschließend in Valencia, wo der jeweilige Lehrgang abgelöst wird.
Im Verlauf der weiteren Fahrt, die kurz vor Weihnachten mit dem erneuten Einlaufen in Kiel endet, wird die GORCH FOCK in Agadir, Gran Canaria und Brest Station machen.
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Einer der spannendsten Momente erlebten die Offizieranwärter, zu denen auch rund 20 Frauen sowie Austauschkadetten aus Lettland, Litauen, Jordanien und dem Benin gehören, als das erste "Aufentern" auf dem Programm stand.
Nicht jeder konnte sich sofort mit dem Gedanken anfreunden, in bis zu 45 Höhe in der Takelage zu arbeiten – gehalten nur von einem dünnen Seil für die Füße und einmal auch schon bei völliger Dunkelheit.
Patrik Teut (19) aus Bonn beschreibt es so: "Anfangs fand ich es ziemlich beängstigend, da man teilweise ungesichert ist, aber mittlerweile hat schon die Routine eingesetzt."
Schließlich greift den Offizieranwärtern jederzeit auch die erfahrene Stammbesatzung unter die Arme.
Christian Mann (19) aus Rostock ergänzt: "Ich genieße besonders die einmalige Aussicht von oben, die für die körperliche Anstrengung entschädigt."
Und wer trotzdem unter Höhenangst leidet, kann sich auch bei den Arbeiten an Oberdeck einbringen.
Das Alltagsleben an Bord bringt für die "Landratten" einige Herausforderungen mit sich.
"Die Gewöhnung an das Schlafen in Hängematten ist mir schwer gefallen", gibt Torsten Lauber (19) aus Eisenhüttenstadt zu. "Auch mit den beengten Verhältnissen habe ich mich zuerst schwer getan. Doch jetzt habe ich mich zurechtgefunden."
In der Tat teilen sich circa 20 Rekruten einen Schlafraum, der gleichzeitig als Aufenthaltsraum dient und die Spinde beherbergt.
Da sind vor allem Ordnung, Kameradschaft und Rücksichtnahme gefordert, also genau jene Charakterzüge, die ein Marineoffizieranwärter mitbringen sollte.
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