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Zeche Emscher-Lippe – Fremde kommen

Abb Weil die Bergwerksherren noch viel mehr Arbeiter brauchten als in Datteln und der Umgebung lebten, wurden Männer aus Polen, aus Ostdeutschland (Masuren, Ostpreußen, Schlesien), aus Italien und Kroatien für die neue Zeche angeworben.

Sie zogen nach Datteln in den Ortsteil Meckinghoven, in die Nähe ihrer neuen Arbeitsstelle. Schnell baute man für die Bergleute einfache Häuser, die alle gleich aussahen.

Die Wohngegend, in der die einfachen Bergmannshäuser standen, nannte man „Kolonie“. Teilweise kamen auch die Freundinnen oder die jungen Frauen aus dem jeweiligen Herkunftsland der Bergleute nach. Sehr selten heiratete ein Bergmann aus dem Osten, also ein Fremder, eine Tochter aus der Gemeinschaft der alteingesessenen Dorfbewohner.

Viele der in Datteln eingewanderten Bergleute waren aus dem Osten gekommen und sprachen polnisch. Obwohl sie auch aus ländlichen Gebieten kamen und ebenfalls wie die Dattelner Urbevölkerung katholisch waren, vermischten sie sich kaum mit der übrigen Bevölkerung.

So gab es damals bestimmte Straßenzüge, die fast ausschließlich von polnischen Familien bewohnt wurden. Der verständliche Wunsch, sich mit Leuten aus der Heimat zu umgeben, führte aber auch dazu,
dass die polnischen Zuwanderer sehr abgekapselt lebten und auch die deutsche Sprache nur schwer erlernten.

Die einheimische Bevölkerung schaute teilweise hochmütig auf diese „Fremden“ herab, weil sie andere Lebensgewohnheiten, Gebräuche und Sitten hatten.

Abb Ein alter Bergmann erzählte, wie es ihm in seiner Kindheit ergangen war:

„Wir Kinder aus der Kolonie gingen in die Dorfschule. Viele von uns kamen ohne Schuhe zur Schule. „Die aus dem Osten scheinen keine Schuhe zu kennen!“ lästerten die Dorfkinder und lachten uns aus.

Dabei trugen die Dorfkinder auch keine Lederschuhe, sondern Holzklotschen. Wir verstanden meist auch nicht die Sprache der Mitschüler. Sie nannten das „Platt küren“. Na, das klang auch nicht besser als unsere ostpreußische oder schlesische Mundart.

Manchmal lobte uns unser Lehrer. Er sagte: „Ihr kommt oft schneller hinter eine Rechenaufgabe und lernt Gedichte und Geschichten leichter auswendig als die Dorfkinder.“

Und dennoch - wir konnten uns noch so viel Mühe geben, wir gehörten einfach nicht zu den Dorfkindern. Wenn wir nachmittags aus unserer Kolonie ins Dorf gingen, wurden wir verprügelt. Warum? „Nur so!“ hieß es.

So rüsteten wir uns schon morgens, bevor wir zur Schule gingen, mit Kieselsteinen aus. Ich hatte den Kopf immer voller Narben gehabt."

Schon bald hatte sich auch im ganzen Kaiserreich der Schimpfname „Pollacken“ für alle Zuwanderer aus dem Osten eingebürgert.

Die polnischen Zuwanderer aber, die unter Tage hart arbeiteten und oft besonders schwere Arbeitsplätze zugewiesen bekamen, fühlten sich ungerecht behandelt.

Die Behörden unternahmen damals nichts, um den Zuwanderern Hilfen beim Erlernen der deutschen Sprache anzubieten. Daher gründeten die Polen in ihrem Bedürfnis nach Geselligkeit viele polnische Vereine.

So steht das „Dorf“ gegen die „Kolonie“, und die Einheimischen wollten mit den „Zugezogenen“ nicht zu tun haben; vergessen wurde dabei aber ganz, dass diese Menschen auch Geld ins Dorf brachten und für einen wirtschaftlichen Aufschwung sorgten, denn bis Mitte der 20er Jahre hatte sich die Einwohnerzahl in Datteln bereits versechsfacht.

 

 

Quelle: Die Texte und Illustrationen zum Thema „Die Zeche Emscher-Lippe“
entstanden mit freundlicher Unterstützung des Hermann-Grochtmann-Museums
und des Stadtarchivs der Stadt Datteln

Literaturangaben und Hinweise für Lehrer...

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