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Kinderhandel in Laos

Wie Somphone zum Außenseiter wurde

Abb Ängstlich wirkt Somphone, ein bisschen verstört. So richtig will er nicht heraus mit der Sprache, als ein UNICEF Mitarbeiter ihn nach seiner Arbeit in Thailand fragt. Im Juni 2002 ist er nach Laos zurückgekehrt.

Ein halbes Jahr wurde er von thailändischen Kinderhändlern ausgebeutet.

In Nonemoung, einem Dorf in der südlichen Provinz Savannakhet, hat niemand fließendes Wasser oder Elektrizität im Haus. Die nächste Gesundheitsstation ist weit entfernt.

Die Eltern des 14-jährigen sind, wie die meisten anderen Familien im Dorf, Reisbauern und bewirtschaften Pachtland.

Die Hälfte ihrer Erträge müssen sie an den Landbesitzer abgeben. Im vergangenen Jahr hatten heftige Regenfälle und eine Mäuseplage große Mengen der Ernte zerstört. Das was übrig blieb, reichte gerade einmal für zwei Monate.

Deshalb musste das selbstgezogene Gemüse im Nachbardorf gegen Reis eingetauscht werden. Somphone und seine Schwestern sammelten Früchte und Bambus im Wald, um nicht zu hungern.

Im Dezember, als die Not der Familie am größten war, kam eine Vermittlerin ins Dorf. Sie habe Jobs für 30 Kindern in Thailand, behauptete die Frau. Angeblich leichte Tätigkeiten, bei denen gutes Geld verdient werden konnte.

Besonders interessiert war sie an Mädchen zwischen zehn und dreizehn Jahren. Somphones Familie beriet, was zu tun sei. Schließlich entschied die Mutter, dass der einzige Sohn und seine beiden Schwestern, die elfjährige Daovone und die zwölfjährige Phetsamone die Frau begleiten sollte.

Die Eltern erhielten 1500 Baht, umgerechnet 36 Euro von der Vermittlerin, ein Vorschuss auf das erste Monatsgehalt der Kinder.

„Ich hatte keine Ahnung, welche Arbeit mich in Thailand erwartete“, erinnert sich Somphone. Sein erster Job führte ihn in eine Druckerei in der Provinz Changmai.

Täglich arbeitete er von 7 bis 18 Uhr. „Wenn im Betrieb mal nichts zu tun war, durfte ich draußen den Rasen mähen und die Hecken schneiden, die das Druckereigelände umgaben. Ich hatte nur eine halbe Stunde Mittagspause, in der ich mich ausruhen konnte.“

In den ersten drei Monaten gab man ihm nur 100 Baht (zwei Euro) Lohn. Aber das Schlimmste waren die Strafen, wenn ihm ein Missgeschick passiert war.

„Einmal habe ich Druckertinte verschüttet. Da wurde ich mit einer Metallstange auf den Kopf geschlagen.“ Ein anderes Mal ging die Schere, die er zur Gartenarbeit benutzte, kaputt. Er wurde mit dem stumpfen Ende malträtiert.

Niemand kümmerte sich um Somphones Kopfverletzung. Ein Hausmädchen aus Laos hatte Mitleid mit Somphone und gab ihm etwas Geld, damit er fliehen konnte. Ohne lange zu überlegen, stahl er sich aus dem Gelände und sprang in den nächsten Bus.

So schnell wie möglich wollte er zurück nach Laos, doch die 100 Baht waren schnell aufgebraucht. „Ich schlief auf Busbahnhöfen, in der Hoffnung, dass mich ein Fahrer umsonst mit in Richtung Heimat nehmen würde.

Eines Nachts, als ich auf der Bank eingeschlafen war, muss mich jemand betäubt haben. Denn ich wachte in einer fremden Stadt auf.“

Dort wurde Somphone gezwungen, Autos zu waschen. In drei Wochen verdiente er ganze 20 Baht. Eines Tages übersah er beim Polieren einen Handabdruck, den die Tochter des Autobesitzers absichtlich auf die Frontscheibe geschmiert hatte. Dafür wurde er brutal geschlagen.

Er konnte fliehen und fand einen neuen Job. „Auf einer Orangenplantage musste ich die Bäume mit Chemikalien besprühen. Dafür bekam ich so viel Lohn wie noch nie in meinem Leben: 1500 Baht für drei Wochen.“

Doch die scheinbar lukrative Arbeit hatte einen hohen gesundheitlichen Preis: Somphones Haut veränderte sich. Er bekam Pigmentstörungen. Eines Tages wurde er sogar ohnmächtig von dem Pflanzengift.

„Da beschloss ich, die Arbeit aufzugeben und mir eine leichtere Arbeit zu suchen.“ Ein Kinderhändler brachte ihn nach Bangkok. Für die Fahrt nahm er Somphone seinen hart verdienten Lohn ab. Ohne Geld und ohne Job in dieser riesigen Metropole verließ ihn der Mut.

Er wollte zurück zu seinen Eltern und fragte einen Taxifahrer nach dem Weg in seine Heimat. Dieser brachte ihn zur nächsten Polizeistation. Die Beamten hörten sich seine Geschichte an und schalteten eine thailändische Hilfsorganisation ein. Eine Woche später war Somphone schon auf der Rückreise.

Glücklich nach all den Strapazen und Misshandlungen wieder zu Hause zu sein, erlebt er eine neue große Enttäuschung. Sein Vater gibt ihm die Schuld an seinem Versagen. Im Dorf wird er zum Außenseiter.

UNICEF Mitarbeiter befürchten, dass Somphone bald wieder verschleppt wird. Sie suchen die Dörfer im Grenzgebiet zu Thailand häufig auf, um die Familien über die Machenschaften der Kinderhändler aufzuklären.

Somphone werden sie im Auge behalten und versuchen, einen Job für ihn zu finden, damit er seine Familie unterstützen kann und so wieder Anschluss findet.

Seine beiden jüngeren Schwestern hat Somphone bis heute nicht wiedergesehen. Von ihnen fehlt jede Spur. Einmal hat die Mutter die Vermittlerin aufgesucht und um einen Kontakt mit den Mädchen gebeten.

Am Telefon sagte ihre Tochter Phetsamone, dass sie in einer Fischfabrik arbeite, aber noch kein Geld verdient habe. Die Mutter hat die Hoffnung aufgegeben, ihre beiden Töchter jemals wieder zu sehen.

 

 

Quelle:
Mit freundlicher Unterstützung und Genehmigung von: http://www.unicef.de

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