Während in den Europäischen Gemeinschaften die westeuropäischen Staaten enger zusammenrückten, überlagerten im Osten neue Konflikte das Ende des Jahrzehnts der Entspannung und den Beginn der Achtzigerjahre. Sowjetische Truppen marschierten in Afghanistan ein. Über Polen wurde nach dem Entstehen einer vom Staat unabhängigen Arbeiterbewegung das Kriegsrecht verhängt. Auch durch die Aufstellung neuer Mittelstreckenraketen in der Sowjetunion drohte der Rückfall in die Zeiten scharfer Konfrontation. Aus Protest gegen die Afghanistan-Invasion blieben die USA, Kanada, Norwegen und die Bundesrepublik den Olympischen Spielen in Moskau 1980 fern. Und die Antwort auf die sowjetische Raketenaufrüstung bestand im so genannten NATO-Doppelbeschluss: Stationierung neuer Raketen im Westen, wenn die Sowjetunion ihre neuen Raketen nicht abbaute. Um Schadensbegrenzung ging es auch im deutschdeutschen Verhältnis: Die DDR verhängte eine drastische Erhöhung der Mindestumtauschsätze für West-Besucher in Ost-Berlin und in der DDR. Außerdem verlangte Staatsund Parteichef Erich Honecker eine Anerkennung der DDR-Staatsbürgerschaft und die Aufwertung der Ständigen Vertretungen zu Botschaften. Selbst ein DDRBesuch durch Bundeskanzler Helmut Schmidt führte kaum zu spürbaren Zugeständnissen. Die zunehmende ideologische Verhärtung des Regimes war nicht zuletzt eine Reaktion auf die anwachsende Protesthaltung großer Bevölkerungskreise im Nachbarstaat Polen, wo Wirtschaftsreformen, Freiheit und Abrüstung immer offener gefordert wurden. Aber nicht nur im Osten führte die Raketendebatte zu Autoritätsverlusten. Nachdem sich in Bonn die FDP zu einem wirtschaftspolitischen Kurswechsel entschlossen hatte und sich aus der Koalition zu lösen begann, kündigte die Basis der SPD, nicht zuletzt unter dem Druck der Friedensbewegung und von Teilen der Gewerkschaften, Bundeskanzler Schmidt die Gefolgschaft auf, weil er unbeirrt am NATO-Doppelbeschluss festhielt. Am 1. Oktober 1982 wurde Helmut Kohl durch ein konstruktives Misstrauensvotum zum Bundeskanzler gewählt, der sich auf eine CDU/CSU-FDP-Koalition stützte. Er wahrte die sicherheitspolitische Kontinuität der Bundesregierung und setzte die enge Zusammenarbeit mit Paris und Washington fort, um auf diese Weise ein einiges Europa sichern und weiter ausbauen zu können. Trotz großer und spektakulärer Friedensdemonstrationen stand die Regierung Kohl zur Nachrüstung, der im November 1983 auch die Mehrheit des Bundestages zustimmte. Damit war auch eine Krise der NATO abgewendet. Schon Mitte der Achtzigerjahre setzte zwischen den Supermächten ein neuer Abrüstungsdialog ein, durch den die in Deutschland neu aufgestellten Raketen bald wieder abgebaut werden konnten. |
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Quelle: Mit freundlicher Genehmigung: Auswärtiges Amt www.auswaertiges-amt.de Wenn die Informationen dieser Wissenskarte möglicherweise nicht mehr dem aktuellen Stand entsprechen, können sie auf der Website des Auswärtigen Amtes abgerufen werden: http://www.tatsachen-ueber-deutschland.de |